Mit dem Rad in Flo­ri­da und Alabama

Tag 1: Frankfurt, GER – Orlando, FL

Mittwoch, 09. Mai 2007; 25 km – bis jetzt: 25 km

Der Flug von Frankfurt nach Orlando verläuft ohne Probleme. Im Flughafengebäude habe ich bereits mein Gepäck, einschließlich des Fahrrades, zum ersten Mal identifiziert (das Gepäck aller Passagiere war in einen Raum gebracht worden und jeder musste sein Gepäck dort identifizieren, ohne es ausgehändigt zu bekommen) und stehe jetzt dem Einwanderungsoffizier gegenüber. Dieser fragt mich, wohin ich wolle und was ich denn hier, in den Vereinigten Staaten, tun möchte. Er ist sichtlich überrascht, als ich ihm erzähle, dass ich mit dem Fahrrad an die Westküste fahren möchte. Nachdem ich meine Fingerabdrücke abgegeben habe, spendiert er den Stempel im Reisepass. Der Zoll interessiert sich für mein Gepäck, kontrolliert es aber nicht. Die hätten sowieso nichts Interessantes gefunden.

Anschließend fahre ich mit dem Rad zum Motel. Eine Odyssee in dieser riesigen, fremden und autounfreundlichen Stadt. Nach längerer Suche und mit Hilfe der Polizei finde ich schließlich das Motel. Die Polizei interessierte sich mächtig für die Beleuchtung. Ich muss nachweisen, dass der Nabendynamo funktioniert.


Tag 2: Orlando, FL – Mount Dora, FL

Donnerstag, 10. Mai 2007; 119 km – bis jetzt: 144 km

Nach einer kurzen Nacht gibt es das erste Frühstück hier in den USA. Das Frühstück unterscheidet sich sehr vom europäischen. Von Käse oder Wurst keine Spur, als Brot nur Toastbrot, kein Vollkorn. Wenn man Süßigkeiten mag, dann ist man hier richtig. Es gibt z. B. süße Pfannkuchen und süßes Gebäck.

Die amerikanischen Lastwagen sind viel länger als die europäischen. Es dauert etwas sich daran zu gewöhnen. Wegen ihrer Länge sind sie eine kleine Bedrohung für Radfahrer, insbesondere in Kurven.

Ich suche Pfefferspray gegen die Hunde. In einigen Reiseberichten war zu lesen, dass es hin und wieder zu Hundeattacken kommt und ich will dagegen gewappnet sein. Eine Pfefferspraymarke, die in Fahrradgeschäften hier verkauft wird, nennt sich HALT. Ich habe bereits in Deutschland eine Karte mit den Fahrradgeschäften vorbereitet. Das ist dann aber ein Fiasko. Die ersten beiden Geschäfte haben kein Pfefferspray, die nächsten beiden sind wegen Zahlungsunfähigkeit geschlossen und endlich, nach fast 30 km, finde ich in dem fünften Geschäft das Gewünschte.

Die nächste Überraschung erlebe ich in Mount Dora. Ich kann keine günstige Übernachtungsmöglichkeit finden, auch keinen Zeltplatz. Also übernachte ich im Lakeside Inn, einem teuren, exklusiven Hotel, offenbar ein ehemaliges Herrschaftshaus in den Südstaaten.

Der Beginn meiner Tour ist wesentlich schwieriger als erwartet: Ich habe weniger Differenzen zwischen den USA und Europa erwartet (Verkehr, Radwege, Verkehrszeichen, Sprache, Wetter) und Florida kann ich bis jetzt, nach diesem ersten Tag, wirklich nicht als fahrradfreundlich bezeichnen. Das hat mich etwas überrascht, da ich schon mehrmals in den USA war und glaubte, den „American Way of Life“ eigentlich ganz gut zu kennen. Mit dem Rad sieht das aber unerwartet anders aus.

Und ein Detail fällt sofort ins Auge: Fast jeder auf der Straße oder im Auto hat ein Handy und telefoniert unentwegt, auch beim Fahren.


Tag 3: Mount Dora, FL – Seville, FL

Freitag, 11. Mai 2007; 108 km – bis jetzt: 252 km

Das Lakeside Inn serviert ein fürstliches Frühstück in einem herrschaftlichen Frühstücksraum und ich habe mindestens 1.000 kcal aufgenommen, was aber mit den bevorstehenden Anstrengungen korrespondieren wird.

Nach den gestrigen Erfahrungen mit der Suche nach einer Unterkunft kaufe ich mir ein Prepaid-Handy von Cingular (jetzt AT&T). Die Netzabdeckung reicht nur bis Kansas, aber es ist das Beste was ich finden kann.

Das Wetter ist, wie jeden Tag bis jetzt, ausgezeichnet - sehr heiß und etwas schwül, so dass ich tagsüber sechs bis sieben Liter trinken muss.

Etwa 6 km von meiner Route entfernt finde ich einen Campingplatz bei Seville. Der Campingplatz liegt traumhaft, hat aber nur die allernotwendigsten Einrichtungen. Was für ein Unterschied zum gestrigen Hotel, auch für den Geldbeutel.


Tag 4: Seville, FL – St. Augustine Beach, FL

Samstag, 12. Mai 2007; 112 km – bis jetzt: 364 km

Ich wache um 06:00 Uhr auf und frühstücke die mitgebrachten Sachen (Milch, Joghurt, Brötchen, Käse, Dosenananas, Äpfel) und, nachdem ich meine Sachen zusammengepackt habe, geht es um 08:00 Uhr weiter.

Heute erreiche ich den Atlantik bei Flagler Beach. Wieder ist das Wetter sehr schön, an der Küste weht aber heftiger Gegenwind.

Der erste Zwischenfall passiert am späten Vormittag. Ich fahre an einem kleinen Haus vorbei, vor dem Haus sitzt ein Mann mit einem kleinen Hund. Der Hund bellt und will zu mir laufen, aber der Mann ruft ihn zurück. Nach einer Weile kümmert den Hund sein Herrchen nicht mehr und er kommt kläffend auf mich zu, bis auf etwa 2 m Entfernung. Das Pfefferspray, das ich gestern gekauft habe, ist in der Lenkertasche. Es geht alles viel zu schnell, um es anwenden zu können. Um künftig schneller zu sein, habe ich es jetzt am Lenker befestigt.

Der zweite Vorfall ereignet sich am späten Nachmittag: das Hinterrad ist platt. Es ist Samstag und ich möchte noch einen Ersatzschlauch kaufen. Fünf Minuten vor Verkaufsschluss erreiche ich ein Fahrradgeschäft, die in den USA nicht sehr verbreitet sind.


Tag 5: St. Augustine Beach, FL – Hawthorne, FL

Sonntag, 13. Mai 2007; 135 km – bis jetzt: 499 km

Wie üblich stehe ich so um 07:00 Uhr auf, frühstücke und packe meine Satteltaschen. Heute ist ein wundervoller Morgen mit herrlichem Wetter, Windstille und sehr freundlichen Nachbarn auf dem Campingplatz. Und es ist einfach schön am Ufer des St. Johns River entlang zu radeln.

Das ändert sich dann am Nachmittag nachhaltig. Auf der SR 100 kommen zwei große bellende Hunde von einem Grundstück auf die Straße und laufen mir hinterher. Zuerst befürchte ich das Schlimmste, habe aber innerhalb von Sekunden das Pfefferspray in der Hand. Der Sprüheffekt tritt unmittelbar ein. Aber der Rest des Tages ist mir vermiest.

Mit meinem neuen Telefon habe ich einen Zeltplatz beim Ranch Motel und Camping Park bei Hawthorne reserviert. Dieser Zeltplatz ist eine weitere unliebsame Überraschung. Die sanitären Anlagen sind total zerstört, eigentlich völlig unbrauchbar. Es kostet mich einige Überwindung sie doch zu benutzen. In Deutschland hätte das Gesundheitsamt so etwas geschlossen. Dass hier so etwas möglich ist? Zudem spricht kaum jemand auf dem Campingplatz Englisch. Ich glaube in dieser Nacht war es um meine Sicherheit nicht allzu gut bestellt.


Tag 6: Hawthorne, FL – High Springs, FL

Montag, 14. Mai 2007; 96 km – bis jetzt: 595 km

Heute gönne ich mir einen Erholungstag. Über ihn gibt es nichts Besonderes zu berichten, nur dass es Rückenwind hatte und der Campingplatz bei High Springs ausgesprochen romantisch ist.


Tag 7: High Springs, FL – White Springs, FL

Dienstag, 15. May 2007; 95 km – bis jetzt: 690 km

Schon wieder eine Hundeattacke, nicht so gefährlich - der Hund war älter, weniger Testosteron. Abgesehen davon bin ich es heute langsam angegangen. Viel Rückenwind hat mich dabei unterstützt.

Es gibt aber ein weiteres Problem. In Florida brennt vielerorts die Landschaft. Heute Morgen habe ich beim Lee Country Campingplatz, nahe White Springs, angerufen. Die Frau hat mich davor gewarnt mit dem Rad zu kommen, da durch den Rauch die Sicht äußerst schlecht ist und Erstickungsgefahr beim Schlafen im Zelt besteht. Trotzdem habe ich es gewagt und den Campingplatz auch erreicht. Am Nachmittag hat sich der Rauch verzogen.

Der Campingplatz liegt sehr schön, ist ruhig und sehr gepflegt. Wegen der Brände ist außer mir niemand da.