Tag 12: Keynsham (bei Bris­tol) – Monk­sil­ver

Mittwoch, 21. Juni 2006; 112 km – bis jetzt: 1,598 km

Ø-Geschwindigkeit: 14,0 km/h
Karte Keynsham - Monksilver
Shelagh Bellamy, Bed and Breakfast

Hinter Bristol erheben sich die Mendip Hills mit der Ceddar Gorge. Da treffe ich seit Langem wieder mal auf Touristen.

Ansonsten ist es ein sehr ab­wechs­lungs­rei­cher Tag mit starkem Gegenwind, vielen kurzen und steilen Anstiegen, aber auch flachen Passagen, die an die ostfriesische Tiefebene erinnern.

Das geplante Tagesziel ist Winsford. Um 18:00 Uhr muss ich dieses aufgeben, da ich wegen der Hügel zu langsam vorankomme. Das Ersatzziel ist Elsworthy, wo ich aber nichts zum Übernachten finden kann. Also fahre ich bergab zur Küste, in der Hoffnung, dort etwas zu finden. Gleich im ersten Dorf, in das ich komme, gibt es überraschenderweise ein Pub, in dem ich zwecks Übernachtung nachfrage. Man kann mir prompt ein B&B im Nachbarhaus anbieten. Ich war mehr als überrascht. Monksilver ist auf der Karte nur ein winziger Fleck. Niemals habe ich da einen Pub, geschweige denn ein B&B, erwartet.

Shelagh Bellamy, Bed and Breakfast
Kilometertabelle Kilometertabelle Keynsham - Monksilver

Tag 13: Monksilver – Tin­tan­gel

Donnerstag, 22. Juni 2006; 156 km – bis jetzt: 1,754 km

Ø-Geschwindigkeit: 14,4 km/h
Höchstgeschwindigkeit: 67 km/h
Karte Monksilver - Tintangel

Heute war sicher der an­spruchs­voll­ste Rad­fahr­tag. Erst geht es durch die hü­ge­ligen Ber­ge von Bren­don Hills und Ex­moor. Dann kommt die Küste mit starkem Gegenwind und noch größeren Steigungen. Diese 30 % Steigungen sind eine Ausnahme, aber 20 % waren es häufiger …, England is very, very hilly! In Cornwall ist, abgesehen vom Wind, das Wetter großartig. Das Radfahren läuft wie geschmiert.

Es ist schwierig im Touristenort Tintangel ein B&B zu bekommen, da man ungern Einzelpersonen aufnimmt. Ich finde dann doch noch ein Zimmer; man gibt es mir wegen des erschöpften Eindrucks, aus Mitleid. Allerdings wird in dem Ort ab 21:00 Uhr nichts Warmes mehr zum Essen verkauft, auch kein Take-away. Das bekommt eine Familie mit und die Frau lädt mich zu einer Omelette bei ihr zuhause ein. Es war aber eine Ausnahme, die Leute hier sind unfreundlicher und nicht mehr so hilfsbereit wie ich das erlebt habe. Scheinbar ist man etwas touristenmüde.

Kilometertabelle Kilometertabelle Monksilver - Tintangel

Tag 14: Tintangel – Land's End – Pen­zance

Freitag, 23. Juni 2006; 162 km – bis jetzt: 1,916 km

Ø-Geschwindigkeit: 14,4 km/h
Karte Tintangel - Land's End
Warwick St. Marys, Bed and Breakfast

Der letzte Tag auf dem Rad. Es geht kein Wind, da­für geht es aber stän­dig hoch und runter. Auf­fallend ist, dass hier Hun­de beim Vor­bei­fahren bel­len. Das gab es sonst auf der ganzen Tour nicht.

In Penzance finde ich auch gleich ein B&B, bringe da mein Gepäck unter und fahre dann light nach Land's End. Was für ein Genuss. Es ist Spätnachmittag und die Stimmung ist beeindruckend.

Warwick St. Marys, Bed and Breakfast

Im noblen Hotel von Land's End kann ich mich wieder ins Buch eintragen. Es liegt auf einem alten Schreibtisch, der vor einem Fenster mit Meerblick steht. Das Tourende hier eintragen zu können erzeugt ein herrliches Gefühl.

Leider ist der offizielle Wegweiser-Pfosten abends wegen Vandalismus nicht mehr aufgestellt, daher gibt es auch kein Foto von ihm und mir. In Land's End traf ich zwei junge Kollegen, die die Tour gerade in der Gegenrichtung begonnen haben. Die wollen vor mir wissen welche die schwierigsten Passagen sind. Das habe ich natürlich nicht verraten, da zu erkennen war, dass sie eine gehörige Portion Respekt vor der bevorstehenden Tour hatten.

Kilometertabelle Kilometertabelle Tintangel - Land's End

Heimreise und Fazit

Samstag, Sonntag, 24. und 25. Juli 2006

30 km – insgesamt zurückgelegte Strecke: 1,946 km

Für den Samstag ist die Zug­fahrt nach Bourne­mouth mit an­schlie­ßen­dem Sight­see­ing geplant. Zu­erst geht’s zum Bahn­hof, des­sen Vor­platz­be­pflan­zung ei­nen recht süd­län­di­schen Eindruck macht:

Ich hatte mich vorher nicht nach der Zugfahrt erkundigt und rechnete mit einer zwei- bis dreistündigen Fahrt. Etwas überrascht war ich, als man mir den Fahrplan gab. Damit hatte nicht gerechnet, hatte aber glücklicherweise einen Zeitpuffer:

PEN­ZANCEEX­ETER ST DA­VIDS10:5313:55
EX­ETER ST DA­VIDSSAL­IS­BU­RY14:1016:15
SA­LIS­BU­RYSOU­THAMP­TON16:3017:01
SOU­THAMP­TONBOUR­NE­MOUTH17:2418:05
...
...

Über ein B&B in Bourn­mouth gibt es nichts zu berichten. Trotz stundenlanger Suche finde ich kein freies Zimmer. Hier ist eine Wochen­end­ver­anstaltung und nur noch die sehr teuren Hotels haben freie Zimmer. Das war der Schlaf für ein paar Stunden nicht wert und ich habe auf einer harten Bank im Flughafen übernachtet.

Das Fahrrad habe ich in eine Schrumpffolie verpackt, die ich auf Nachfrage in einem Supermarkt in Penzance geschenkt bekam (ich wollte sie eigentlich kaufen). Die Aufgabe dieses Gepäckstücks für den Flug war dann etwas problematisch. Es fing damit an, dass man mir sagte, dass solches Gepäck gar nicht transportiert wird. Nach vielem Hin und Her und schon grimmigen Blicken der Passagiere hinter mir in der Schlange geht es dann doch und ich darf das Rad persönlich bei der Security-Kontrolle abgeben.

Abflug mit Air Berlin ist um 16:40 Uhr und die Ankunft in Paderborn um 19:05 Uhr. Das Fahrrad erhalte ich wohlbehalten wieder zurück und fahre mit einem Leihwagen nach Waldkirch. Die Ankunft ist mitten in der Nacht um 02:00 Uhr. Aber ich bin wohlbehalten wieder zurück.

...

Fazit:

Zwei Vorurteile muss ich aufgeben, denn:

  • Die Briten sind sehr hilfsbereite und offene Leute, die großes Vertrauen in Fremde haben. Bei uns ist das in der Form unbekannt. Besonders aufgeschlossen sind die Leute in den Gegenden, in die wenig Touristen kommen.
  • Das britische Wetter ist wesentlich besser als sein Ruf, nur eben sind die Temperaturen deutlich tiefer als bei uns.

Unterschätzt habe ich die Steilheit und Menge der Hügel sowie die relativ großen Entfernungen zwischen besiedelten Gebieten in Schottland. Insbesondere diese großen Entfernungen können bei schlechtem Wetter zu einem Problem werden (light luggage).

B&B’s um größere Städte sind teilweise knapp oder gar nicht vorhanden. Da sollte man rechtzeitig reservieren.

Wenn irgend möglich nur Nebenstraßen benutzen. Das dauert zwar länger, aber das Erlebnis ist intensiv und das Fahren auf den A-Roads ist meist sehr riskant.

Diese Tour war ein tolles Erlebnis, es wurde nicht langweilig und jeder Tag brachte neue Überraschungen, ich habe da mehr Langweile und Eintönigkeit erwartet. Sie ist aber ohne Rückenwind relativ anstrengend und nur mit ausreichendem Training empfehlenswert.

Zu kulturellen Unterschieden sei noch am Rande erwähnt: In jedem Dorf gibt es ein Public-WC. Da dies für Radfahrer äußerst hilfreich ist, habe ich über den Zustand dieser Örtlichkeiten einen repräsentativen Überblick. Sie sind in Großbritannien sehr gepflegt, äußerst sauber, voll funktionstüchtig und immer kostenlos. Es gibt da auch keine Löcher in Türen oder Wänden und keine abstrakten Malereien. Was das angeht haben die Briten eine beispielhafte und hochentwickelte Leitkultur, leider wird sie in Europa sehr selten nachgeahmt oder ist gänzlich unbekannt.

Karten:

Ordnance Survey Travel Map Nr. 1, 3, 4, 6, 7 in Städten nicht ausreichend, aber durch Fragen fragen kompensierbar.

Anmerkung zum Fragen:

Das Wort, das ich am meisten hörte war roundabout (Kreisverkehr). Round about hundreds of times.

Kilometertabelle Tageskilometer