Von Chamerau nach Salzburg

Mittwoch, 24. August bis Sonntag, 28. August 2011; 485 km

Es beginnt ganz harmlos. Ab Chamerau radle ich am Fluss Regen entlang, dann über Bad Kötzting zum Lamer Winkel.

Was ich da noch nicht weiß, ist, dass kurz nach Lohberghütte ein ca. 8 km langer Aufstieg zum Brennessattel beginnt. Ein sehr anspruchsvolles Teilstück, das mit Naturschönheiten und herrlichen Ausblicken belohnt. Den Anstieg nach Sommerau vor Augen, glaube ich noch, in Sommerau wird das Gröbste geschafft sein. Aber weit gefehlt. Vom großen Parkplatz in Sommerau beginnt das schwierigste Teilstück. Der Wanderweg ist dankenswerter Weise geteert, und es gelingt mir auch ein paar Wanderer bis zum Kleinen Arbersee zu überholen. Wanderer, die mir entgegenkommen, lächeln nur milde oder müde. Im weiteren Verlauf flacht sich dann die Strecke etwas ab; ich bin gerettet. Die Anstrengung wird mit einer rasanten Abfahrt nach Bayerisch Eisenstein belohnt.

Auf dem Regen-Radweg fahre ich nach Zwiesel und von dort bis Frauenau. Frauenau wählt seine Touristen nach strengen Kriterien aus. Es ist schwierig ein Einzelzimmer zu bekommen, mit schwachen Zahlern, wie ich es bin, wollen die sich nicht abgeben. Schließlich gelingt es mir, mich in einer schwäbischen Pension einzuquartieren. Man serviert heimatverbunden gebratene Maultaschen und einen riesigen Salat.

Der Tag heute war wieder sehr heiß und schwül. Ich habe entsprechend viel getrunken und tagsüber nur zwei Bananen, einen Kaffee und ein fettes Stück Torte zu mir genommen. Die Gewichtsabnahme ist zu bemerken. Wegen der Schwitzerei fangen meine Radklamotten an zu stinken, obwohl ich alles schon mehrfach gespült habe. Demnächst ist eine Großwäsche fällig.

Heute ist schon wieder so ein Tag, den ich arglos beginne. So etwa bis Spiegelau plätschert der Radweg vor sich hin, um dann wieder hochprozentig anzusteigen. Ich klettere nach Buchenwald in Tschechien (ca. 1200 m Höhe) hinauf. Ganz so schlimm wie gestern ist es nicht, aber nicht viel besser. Auch das Teilstück von Strážný nach České Žleby in Tschechien macht mir zu schaffen. Unterwegs treffe ich ein Ehepaar, das mit seinen Mountainbikes auf dem gleichen Radweg unterwegs ist. Die kennen sich hier in Tschechien besser aus und ich schließe mich ihnen an. Ab Haidmühle beginnt eine Abfahrt, fast bis Waldkirchen. Nach diesen Steigungen der Genuss zum Tagesabschluss.

Ich habe mich in den Gasthof Lamperstorfer einquartiert. Dort geht es am Abend hoch her, die Wirtschaft feiert sich selbst. An meinem Tisch sitzen wieder lauter nette junge Leute, die sich sogar für meine Radtour interessieren. Ich erzähle. Zurückgemeldet bekomme ich, dass solche Radtouren einfältig und fantasielos sein können.

Von wegen lockerer Tag. Von Waldkirchen muss ich erstmal zurück bis Neureichenau. Vor lauter Abfahren habe ich gestern gar nicht realisiert, dass ich dort auf den Donau-Wald-Radweg abbiegen sollte und bin einfach bis Waldkirchen weitergefahren. Ich bereue es aber nicht. Der Donau-Wald-Radweg ist sportlich orientiert. Zudem ist es gnadenlos heiß. Zwei Mal steige ich, entgegen meinen Gewohnheiten, vom Rad ab und schiebe es. Es dürften so 16 %-ter gewesen sein. Der Radwanderweg ist eine erneute Herausforderung an Kraft und Ausdauer, es sind viele größere und schwere Steigungen zu überwinden. In umgekehrter Richtung ist er vermutlich noch schwerer zu befahren. Ich habe keinen einzigen Tourenradfahrer auf der gesamten Strecke getroffen. Man meidet diesen Radweg.

Irgendwo unterwegs habe ich noch ein besonderes Erlebnis. Die Straße ist wegen Bauarbeiten über eine längere Distanz gesperrt. Ich fahre trotzdem weiter und nach ein paar Kilometern ist die Stelle, an der gebaut wird, erreicht. Wegen der Bauarbeiten ist es nicht möglich durch die Baustellen oder die angrenzenden Felder zu kommen. Die Arbeiter haben mir dann mit einer riesigen Baggerschaufel einen provisorischen Fußweg aufgeschüttet.

Von Untergriesbach führt eine zum idyllischen Radwanderweg umfunktionierte ehemalige Zahnbahntrasse mit durchschnittlich 6 % Gefälle hinab ins Donautal. In umgekehrter Richtung möchte ich die nicht fahren.

Den ganzen Tag trinke ich Mineralwasser von Edeka. Die verkaufen 1,5 Liter davon zwischen 0,19 € und 0,29 €. Ein enormer Preisunterschied.
In Passau erkundige ich mich bei der Touristeninformation nach Übernachtungsmöglichkeiten. Die sehr nette Beratung gibt mir einen Prospekt von Schärding. Ich finde eine günstige Übernachtungsmöglichkeit in St. Florian. Vor der Pension treffe ich auf zwei osteuropäische Radfahrer, die eine Campingmöglichkeit suchen. Die armen Kerle sehen abgekämpft aus, können sich aber eine Pension nicht leisten.

In St. Florian gibt es ein wirklich umfangreiches Frühstück. Ich belege mir noch zwei doppelte Brote und nehme sie mit. Am Morgen ist es ziemlich kalt, es regnet aber nicht.

In Schärding wechsle ich auf die deutsche Uferseite, vom Tauernradweg auf den Innradweg. Der führt hauptsächlich auf dem Damm entlang, alles ungeteert. Trotzdem ist es nicht langweilig und vor allem sehr erholsam. Jetzt nieselt es ab und zu. Später kommen kleine Schauer dazu, die immer länger dauern und so ab 11:00 Uhr fahre ich im Dauerregen. Wegen des ungeteerten Damms verdrecke ich zusehends. Zu allem Überfluss verliert dann auch noch das Hinterrad an Luft. Ich habe Glück, in der Nähe sind Häuser und eine Garage ist offen, so dass ich dort das Rad reparieren kann. Um das Loch zu finden brauche ich aber Wasser. Hilfsbereite Anwohner, die ich herausklingle, lassen mich den Schlauch in ihrer Werkstatt flicken. Nach einer halben Stunde sitze sich ich schon wieder auf meinem Rad mit prall gefüllten Schläuchen.

Endlich stoppt der Regen. Erst ist ein schmales, helles Band am Himmel. Das dehnt sich immer weiter aus und nach ein paar Stunden ist der Himmel strahlend blau. Am Ende des Tages bin ich trocken, aber voll Matsch. In der Unterkunft in Burghausen bringe ich das wieder in Ordnung.

Heute ist Sonntag. Am Morgen begrüßt mich ein strahlend blauer Himmel und knackig frische Luft. Kein Wölkchen des gestrigen Sauwetters ist geblieben. In Burghausen ziehe ich noch einen neuen Ersatzschlauch am Automaten, und beginne meine Tagesetappe.

Die heutige Fahrt führt über viele sanfte grüne Hügel, in der Ferne ist schon das Panorama der Alpen zu sehen. Die kommen im Laufe des Tages immer näher. Etwa 20 km vor Freilassing knackt bei jeder Pedalumdrehung etwas an meinem Rad. Das Geräusch verschwindet nach kurzer Zeit wieder. Nach etwa 10 km ist es wieder zu hören und verschwindet nicht mehr. Die Pedalen lassen sich auch nur noch schwer treten – eindeutig ein Lagerschaden.

Also gut! Ich fahre bis Freilassing und ziehe Erkundigungen ein. Es stellt sich heraus, dass Ainring das Optimum ist. Dort soll ein Campingplatz sein, auf dem ich übernachten kann und im angrenzenden Hammerau das größte Zweirad-Center Deutschlands: „Zweirad-Stadler“.

Der Campingplatz in Ainring gefällt mir ganz und gar nicht. Ich erkundige mich bei Passanten nach einer Unterkunft. Gleich bei der ersten Frau, die ich anspreche, habe ich Glück. Wir stehen unmittelbar vor einer Pension. Und in dieser Pension freut man sich über Gäste.

Morgen werde ich mal bei Zweirad-Stadler vorbeischauen und dann entscheiden, wie es weitergehen soll.

Zweirad Stadler in Hammerau öffnet erst um 10:00 Uhr. Ich war schon um 09:30 Uhr da und schleiche auf den Hof der Firma. Die Monteure ranzen mich an was ich da zu suchen hätte. Eine Erklärung wollen sie nicht hören. Ich verziehe mich.

Punkt 10:00 Uhr bin ich im Laden. An der Reparaturannahme ist bereits die Hölle los. Man gibt sich mit mir alle Mühe und verspricht eine Reparatur bis 12 Uhr; das Ersatzteil sei vorhanden. Und tatsächlich: Um 12 Uhr ist das Rad fertig.

Den Tag schlage ich in Salzburg tot. Ich bin auf Schleichwegen dorthin geradelt. Salzburg duftet nach Kaffee, zumindest in der Nähe des Cafés Demel. Ansonsten sind dort Touristen ohne Ende. Eine eher ungemütliche Atmosphäre.

Auf der östlichen Seite der Salzach ist es schöner. Ich sitze noch gar nicht auf einer Bank und habe schon eine nette Unterhaltung mit einem älteren Herren. Auffallend sind hier, im Gegensatz zu den letzten Tagen, die etwas kühlen Temperaturen. Am Nachmittag ziehen noch Gewitterwolken über die Stadt. Das Gewitter bleibt aus. Es wird aber richtig kühl.