Von Havelberg nach Waldkirch

Havelberg – Cux­ha­ven

Mittwoch, 30. Juli bis Sonntag, 03. August 2008; 422 km

Havelberg gefällt mir außerordentlich. Zum Beispiel liegt der Campingplatz ideal auf einer Insel. Da ist es nachts wirklich ruhig. Die Stadt selbst ist ein interessantes touristisches Ziel mit einigen Baudenkmälern und intakter Natur. Ich habe in der Nähe des Doms am späten Abend noch Spaghetti gegessen. Auch das ist ein empfehlenswertes Erlebnis.

Die letzten drei Tage bin ich über 400 km geradelt. Heute soll es etwas erholsamer sein, maximal so 100 km. Als Ziel ist der Rüdower See angepeilt. Nach Verabschiedung von dem Bremer und den zwei Erzgebirglern beginne ich erst einmal mit einem ausgiebigen Frühstück bei einem Bäcker in Havelberg. Ab Havelberg ist die Fahrt auf dem Elbdeich spektakulär, links die Elbe und rechts die Havel. Leider normalisiert sich das Landschaftsbild bald wieder auf das übliche Niveau, es geht aber oft auf dem Deich der malerischen Elbe entlang.

Den Campingplatz am Rüdower See bei Lenzen erreiche ich schon um 15:30 Uhr. In Lenzen gibt es einen selbst ernannten Touristenmanager, der mich auf seinem Rad das letzte Stück bis zum Campingplatz bringt. Den Rest des Tages widmete ich den üblichen Wartungsarbeiten, wie nähen, ölen und Handy laden. Später trifft dann auch der Radler aus Bremerhaven ein, mit dem ich zwei Tage zuvor gerast war. Er ist immer noch etwas sauer auf mich und ich neidisch auf seine tolle Ausrüstung. Wir haben uns am nächsten Morgen verabschiedet und gegenseitig alles Gute gewünscht.

Beim Frühstück am nächsten Tag, vor einer Bäckerei in Lenzen, fühle ich mich in die frühere DDR zurückversetzt, obwohl ich die nie besucht habe, eben vorurteilsfrei. Es ist einfach eine tolle Atmosphäre allein auf dem Bürgersteig im Sonnenschein neben einer grob gepflasterten Straße, die von alten Häusern gesäumt wird, zu frühstücken. Die Weiterfahrt auf dem Deich ist landschaftlich wieder sehr eindrucksvoll und auch um Rückenwind muss nicht gebeten werden. Nach Überqueren der ehemaligen innerdeutschen Grenze bleibt leider nur der Rückenwind, die Strecke verläuft jetzt fast nur hinterm Deich. Es ist heute wieder heiß und schwül mit der Zugabe von zwei Regengüssen. Gezeltet habe ich auf dem Campingplatz Stover Strand bei Drage. Dort hat man mir einen mit Betonplatten belegten Platz zugewiesen. Das Zelt kann ich gerade noch am Rande des Platzes aufbauen, die Nachbarn sind, zum Glück, nicht da. Auf Radtouristen sind sie hier nicht wirklich eingestellt.

Der Radweg am nächsten Tag verläuft wieder hinterm Deich. Etwas Abwechslung bringt dann eine junge Frau, die ihre Samstagsausfahrt macht und mich bis nach Hamburg begleitet. Es macht ihr offenbar Spaß (mir auch) voraus zu fahren und dann auf mich zu warten. Sie sagt, sie wolle eigentlich gar nicht bis Hamburg radeln.

Hamburg selbst hat heute (02.08.) einen Festtag. Es sind Menschenmassen unterwegs, einige Segelschiffe vor Anker und ich mittendrin. Hinter Hamburg beginnt das Alte Land mit seinen beeindruckten Fachwerkhäusern und vielen „Besenwirtschaften“. In einer solchen Wirtschaft leiste ich mir einen Café mit Sahnetorte, Kalorien für die nächsten 100 km. Bei Drochtersen erkundige ich mich nach dem nächsten Campingplatz. Ein solcher wird mir kurz nach dem Sperrwerk Kehdingen versprochen. Dies erweist sich aber als dreiste Lüge. Nachdem ich das bemerkt habe will ich nicht auf den Campingplatz Drochtersen zurück radeln und entscheide mich zu einer Gewalttour nach Otterndorf. Um 21:30 Uhr erreiche ich diesen Campingplatz und um 00:30 Uhr liege ich geduscht, mit vollem Magen im Zelt. Es gab heute viel Gegenwind, aber auch Sonne und einige Schauer. Der Tag war in jeder Hinsicht sehr abwechslungsreich und hat viel Spaß gemacht.

Das Wetter wird wieder schlecht. Es ist stürmisch und regnet häufig. Dazu sind die Straßen auch noch kerzengerade, welch ein Kontrast zur Fahrt auf dem Elbdeich bei Havelberg. Etwas Ablenkung bietet Cuxhaven und der Strand bei Döse. Letzterer ist aber nur nach Entrichten einer Gebühr zu betreten. Ich habe mich gleich wieder verzogen und bin weiter nach Bremerhaven geradelt.


Cuxhaven – Ro­den­kir­chen

Sonntag, 03. August bis Mittwoch, 13. August 2008; 593 km

Das norddeutsche Tiefland wird allen Klischees gerecht. Es hat stürmischen Gegenwind, die Straßen gehen kerzengeradeaus, es regnet oft, ich werde viermal nass. Das einzige Highlight ist die Stadt Bremerhaven und dort auch nur die Fähre. Die Stadt macht einen etwas trostlosen Eindruck. Übernachten will ich auf dem Campingplatz in Dangast. Ich radle auch dorthin, es regnet dauernd, sogar unmittelbar an der Küste. Also kehre ich um und fahre weiter nach Varel. Es ist jetzt 20:00 Uhr. In Varel sind die Bürgersteige bereits hochgeklappt. Ich habe großes Glück gerade noch im Hotel „Burg-Hohenzollern“ unterzukommen (das Hotel kann ich als Unterkunft für Radfahrer vorbehaltlos empfehlen). Nach diesem tristen Regentag (heute hatte ich zeitweise kalte Füße) ein wirklicher Glücksfall, bis jetzt das beste Hotel auf der ganzen Tour. Trotz der gestrigen Anstrengungen (175 km) habe ich auch die heutigen 141 km ganz gut überstanden.

Den nächsten Tag kann ich trotz des weiterhin miesen Wetters locker angehen, da in Moormerland ein eintägiger Zwischenstopp geplant ist. Ich radle noch, zwecks Verwandtenbesuchs, einen kleinen Umweg über Wiesmoor. Leider ist die Mühe umsonst, die Verwandtschaft ist im Urlaub. Bereits um 15.00 Uhr bin ich in Moormerland und mache etwas Radfahrurlaub.

Ein nächster Zwischenstopp ist in Lünne geplant. Das liegt etwa 130 Radkilometer von Moormerland entfernt. Vorgesehen ist eine Übernachtung im Zelt auf halber Strecke. Die habe ich aber schon um 14.00 Uhr zurückgelegt. Den ganzen Nachmittag will ich nicht auf einem Campingplatz vertrödeln, also auf, nach Lünne. Bis auf die Fahrt entlang des Dortmund-Ems-Kanals gibt die Strecke nicht viel her. Sie verläuft in großen Teilen hinterm Deich und entlang von kerzengeraden Bundesstraßen. Das Wetter ist wieder besser, geblieben ist der Gegenwind.

In Lünne mache ich bei Verwandten eine richtig lange Radfahrpause, vier Tage zum Ausruhen. Die ersten Tage tun auch richtig gut, aber bald sehne ich mich auf den Sattel zurück.

Die nächste Etappe führt mich nach Dinslaken (164 km), wieder hauptsächlich entlang von Bundesstraßen. Es ist kalt, regnet häufig und hagelt auch. Angeschaut habe ich mir heute nichts, auch nicht Wesel. Ab Wesel suche ich einen Campingplatz, kann aber keinen finden. In Duisburg ist auch kein Zimmer aufzutreiben. Schließlich lande ich in einem Hotel am Bahnhof in Dinslaken. Das ist in Ordnung. Abgesehen von dem ganztägigen Sturm und dem Hagel ist der heutige Höhepunkt die riesige Pizza zum Abendessen.

Dier Wetterverlauf am nächsten Tag ist nicht besser. Es regnet zwar nicht mehr so häufig, hat aber starken Gegensturm. Bis Neuss kann ich keinen Radweg entlang des Rheins finden und fahre wieder hauptsächlich entlang von Bundesstraßen. In Rodenkirchen entdecke ich einen schönen Campingplatz für die nächste Übernachtung.


Rodenkirchen – Wald­kirch

Donnerstag, 14. August bis- Sonntag, 17. August 2008; 527 km

Das Frühstück kaufe ich mir im Laden auf dem Campingplatz in Rodenkirchen. Für 3 kleine Butterstückchen, 2 Marmeladebecherlein, 1 Kaffeebecher, 2 Brötchen und 1 Croissant werden 6,50 € fällig. Nach Protest reduziert sich der Preis auf 4,00 €, immer noch nicht preiswert. Für dieses Geld habe ich auf anderen Campingplätzen ein üppiges Frühstück, vergleichbar einer Hauptmahlzeit, serviert bekommen.

Ab Bonn zeigt sich das Rheintal von seiner landschaftlich schönsten Seite. Auch das Wetter ist heute gnädig, teilweise weht der Wind aus nördlicher Richtung und es klart zunehmend auf.

Die nächste Übernachtung ist auf dem Campingplatz bei St. Goar. Der hat einen kleinen extra Rasenplatz für Zelte, den ich mir mit sechs Frauen teile, drei sind auch mit dem Rad unterwegs und die anderen drei wandern. Dieser Campingplatz ist für Radreisende am Rhein sehr zu empfehlen, obwohl die Anfahrt mit einer kleinen Steigung verbunden ist.

Das Wetter wird am nächsten Tag noch besser, der Himmel strahlt zeitweise in herrlichem Blau. Zudem bietet das Rheintal einige bauliche Höhepunkte, wie die Unmenge an Burgen. Ansonsten ist die Tour wenig ereignisreich. Ludwigshafen ist eine Ausnahme, da es ohne Detailkarte schwierig zu durchqueren ist. Vermutlich bin ich einige Umwege gefahren, seltsam.
Mein heutiges Ziel ist der Campingplatz bei Altrip. Die Sanitäranlagen sind dort eklig versifft, ich habe es vermieden die Wände zu berühren. Eine Entschädigung ist das Abendessen und Frühstück im Weißen Rössel, Hausmannskost und preisgünstig. Auf dem Campingplatz selbst wird die halbe Nacht lautstark gefeiert. Das waren Leute, die sich einen Dreck um die übrigen Gäste scheren. Erst um 03:00 Uhr wird es ruhiger.

Dichter Nebel hängt am nächsten Morgen über dem Campingplatz. Das Zelt packe ich einmal mehr klatschnass ein. Als Aufmunterung gib es dann das schon erwähnte Frühstück mit vier Spiegeleiern.

Die Weiterfahrt entlang des linken Rheinufers ist eine gelungene Überraschung. Mit einer solch reizvollen Landschaft habe ich hier nie gerechnet. Das änderte sich dann leider nach dem Wechsel auf die rechte Rheinseite bei Rastatt.

Die letzte Übernachtung auf der Tour ist auf dem Campingplatz bei Stollenhofen. Auf den bin ich zufällig gestoßen. Es ist der Teuerste, aber auch der Beste, am Abend gibt es beispielsweise Tanzmusik.


Was ist mir aufgefallen?

  • Auf den bekannteren Radrouten, wie Donauradweg, Elberadweg etc. ist es sehr abwechslungsreich, weil man dauernd mit anderen Radfahrern in Kontakt kommt.
  • Die landschaftlich interessantesten Teilstücke sind zwischen Brünn und Kutna Hora sowie um Havelberg entlang der Elbe. Dort ist alles mehr naturbelassen.
  • Prag scheint Radfahrer nicht zu mögen. Eine Beschilderung der „großen“ Radwege um Prag war nicht vorhanden.
  • Ganztägige Regenfahrten sind klein Problem, solange der Oberköper trocken bleibt und die Temperatur nicht unter 15 Grad Celsius sinkt.
  • Die kostenlosen Reiseführer für den Donau- und Elberadweg sind völlig ausreichend. Einfache Straßenkarten für die übrigen Strecken meist auch. Hilfreich ist es, wenn Campingplätze verzeichnet sind. Für Städte sind Straßenkarten meist unzureichend. Da hilft nur fragen, was aber lästig ist.
  • Etwas Vergleichbares zum Donau- oder Elbradweg gibt es auf deutscher Seite für den Rhein nicht. Der ist für Radfahrer sehr dürftig erschlossen.