Von Seč (deutsch: Setsch) nach Havelberg

Sec - Dresden

Donnerstag, 24. Juli bis Sonntag 27. Juli 2008; 405 km

Die Nacht auf dem Zeltplatz in Seč ist abwechslungsreich. Ich habe nicht viel geschlafen: Zum einen feierten Jugendliche die ganze Nacht lautstark, zum anderen ging die halbe Nacht ein kräftiger Regen nieder.

Der Regen macht am Morgen beim Aufstehen eine kleine Pause, schon beim Abbauen des Zeltes fängt er aber wieder an. Dann, nach drei Stunden, wieder eine kurze Regenpause und danach regnet es bis zum Abend. Immerhin habe ich heute noch 104 km geschafft, die vorausgegangenen Regenphasen haben mich gegen Nässe etwas unempfindlich gemacht.

Um es gleich vorweg zu sagen: Prag mag keine Radfahrer. Eine brauchbare Beschilderung des Radweges in die Stadt endet in Kutna Hora, die restliche Strecke bis Prag ist sehr subtil oder gar nicht ausgeschildert. In Prag und Umgebung sind offenbar Radfahrer von Außerhalb ungern gesehen.

Meine Zimmersuche in Kostelec nad Cernými Lesy (Zelten war nicht möglich, alles war nass, klatschnass) ist eine kleine Odyssee. Wegen des schlechten Wetters ist kaum jemand auf der Straße und Deutsch oder Englisch spricht so gut wie niemand. Schließlich werde ich an eine deutsch sprechende junge Frau verwiesen und die zeigt mir dann den Weg zu einem (ehemaligen Sport-) Hotel. Dort ist tatsächlich ein Zimmer frei. Das Sporthotel strahlt diesen eigentümlichen sozialistischen Glanz aus, ich bin aber glücklich überhaupt ein Zimmer gefunden zu haben. Wie ich erfahre, gibt es in Kostelec noch ein zweites Hotel. Das muss man aber bis 16 Uhr gebucht haben. Spontan ist in dem Ort kein Zimmer zu haben.

Am nächsten Morgen frühstücke ich auf einer Parkbank in Kostelec. Ich bin nicht der Einzige, die Idee haben auch einige Einheimische. Dann beginnt es wieder zu regnen, ich bin nach kurzer Zeit schon wieder nass. Der Regen lässt im Laufe des Vormittags endlich nach, dafür wird es schwül und am Nachmittag ergießt sich noch ein Gewitter (wieder nass, egal) über mich.

Prag ist äußerst eindrucksvoll und voller Touristen. Besonders beeindruckt mich der Altstädter Ring. Zum Radfahren ist die Stadt weniger geeignet, die Anstiege sind steil und wegen des Pflasters sehr holprig. Positiv hervorheben möchte ich die Touristeninformation in Prag. Dort werde ich sehr ausführlich und kompetent über den weiteren Routenverlauf informiert. Leider ist die Radroute bis Karalup nicht ausgeschildert.

Nach Melnik ist die offizielle Radroute eine Zumutung, teilweise ein unbefestigter Feldweg, teilweise eine mit groben Steinen holprig gepflasterte Piste. Ich kann nur dringend raten statt des EuroVelo bis Litomerice die Straße zu benutzen.

In Usti nad Labem treffe ich zwei Radfahrer aus Augsburg, Toni und Edmund. Die wollen die nächsten Tage den Elberadweg fahren, genau meine Route. Für heute haben sie geplant den Campingplatz in Bad Schandau zu erreichen. Sie haben nichts dagegen, dass ich mich ihnen anschließe. Es ist noch weit bis Bad Schandau, aber als Team kommen wir schnell voran. Und tatsächlich, wir erreichen den Campingplatz am späten Abend. Es ist dunkel während wir die Zelte aufbauen. Auf dem überfüllten Campingplatz gibt es in der Wirtschaft sogar noch etwas zu essen, äußerst feines Kesselfleisch. Überhaupt gibt man sich dort viel Mühe mit uns.

Am nächsten Tag ist es sehr heiß. Die Strecke ist zu Beginn ein ungeteerter Wanderweg, der mit großartiger Aussicht in das Elbetal die Mühen belohnt. Dann geht es flach an der Elbe entlang. In Dresden war ich vor zehn Jahren zum letzten Mal. Die Stadt hat sich sehr positiv verändert und ist teilweise nicht wiederzuerkennen. Wir übernachten auf dem Campingplatz Rehbocktal bei Klipphausen.


Dresden – Havel­berg

Montag, 28. Juli bis Mittwoch, 30. Juli 2008; 434 km

Der Campingplatz Rehbocktal bei Klipphausen liegt ideal und ist sehr ruhig. Auffällig ist die Kasse. Es wurde viel Metall verarbeitet. Wird die Schublade zugeschoben, bebt die Erde. Neben dem Campingplatz serviert ein Gasthaus ein deftiges Abendessen. Der angeschlossene Kiosk bietet zudem ein reichhaltiges Frühstück. Mehr ist fast nicht möglich.

Die Fahrt am nächsten Tag lässt zunächst keine Wünsche offen. Das Wetter ist warm, trotzdem ist es angenehm frisch, der Weg geteert und ein lauer Rückenwind weht. Fürwahr, das Elbetal kann lieblicher nicht sein. Allzu lange währt das Glück nicht, der Radweg wandelt sich in einen ungeteerten Wanderweg, zur Belohnung gibt es zwar die eine oder andere tolle Aussicht, das Fahren ist aber außerordentlich unangenehm. Später überhole ich einen älteren Herrn, der auch auf großer Fahrt ist. Den sollte ich am Abend auf dem Campingplatz wieder treffen.

Ich fahre rechtselbisch. Dort verläuft ein nur örtlich ausgeschilderter Radweg. Irgendwo muss ich ein Wegzeichen übersehen haben und bin mitten in der Graslandschaft. Die Elbe ist leicht wie­der­zu­finden, der Umweg aber groß. Am späten Nachmittag treffe ich zwei junge Radfahrer aus dem Erzgebirge. Die radeln auch flussabwärts, allerdings etwas schneller als ich. Ich werde sie trotzdem wiedersehen.

Auf dem Campingplatz bei Mahlitzsch übernachtet auch der ältere Herr, den ich vormittags überholt habe. Er ist etwas mürrisch und bereut, die Tour gefahren zu sein, da sie, wie er sagt, in großen Teilen durch die Pampa und nicht entlang der Elbe führe. Ich selbst finde das nicht so problematisch. Nach einem Bier geht es ihm wieder besser.

Der nächste Morgen beginnt schon wieder mit einem üppigen Frühstück auf dem Campingplatz. Die anschließende Fahrt führt, bei sehr heißem Wetter, überwiegend durch Felder und Wälder. Sehr schön ist es um Dessau: Nicht nur wegen der Kühle in den Wäldern, die Landschaft ist hier mit Kultur angereichert. Einen Campingplatz für die nächste Übernachtung finde ich am Plattensee in Dannigkow. Dort mache ich Bekanntschaft mit einen netten Radler aus Bremen. Zusammen haben wir zu Abend gegessen.

Die Strecke von Dannigkow nach Havelberg radele ich im ersten Teil sehr gemütlich. Bald ist Magdeburg erreicht und der Weg führt weiterhin flach entlang der Elbe. Es ist auch nicht mehr so heiß wie gestern. Am Nachmittag treffe ich wieder auf einen Radfahrer aus Bremerhaven, dem ich schon zur Mittagszeit begegnet bin. Seine Ausrüstung ist beneidenswert, alles vom Teuersten. Wir fahren zusammen über zwei Stunden ein etwas schnelleres Tempo. Obwohl ich meist voraus fahre ist er wegen des schnellen Tempos sauer und wir haben uns vor Bilberge getrennt. Er ist auf den Campingplatz bei Wischer gefahren und ich weiter in hohem Tempo in Richtung Werben. Bald weist ein Schild darauf hin, dass die Fähre in Werben außer Betrieb ist. Ersatzweise setze ich mit der Fähre bei Sandau über und radle von dort bis Havelberg. Die Überraschung auf dem Campingplatz ist für alle groß: Ich treffe den Radfahrer aus Bremen und die zwei Erzgebirgler wieder. Insgesamt waren es heute, trotz der gemütlichen Fahrt am Vormittag, 157 km, die ich zurückgelegt habe.