Von Passau nach Seč (deutsch: Setsch)

Passau – Wien

Mittwoch, 16. Juli bis Samstag, 19. Juli 2008; 337 km

Der erste Tag in Österreich verläuft ohne Höhepunkte. Die Strecke ist flach und gemütlich. Ich übernachte auf dem Campingplatz in Wesenufer. Der Campingplatz liegt wunderschön am Ufer der Donau, ist sehr ruhig und empfehlenswert (Nibelungen-Camping). In der Nacht braut sich allerdings, von mir im Schlaf unbemerkt, ein Gewitter zusammen. So um 05:00 Uhr knallen einige gewaltige Donnerschläge durch das Tal, ich sitze senkrecht auf der Matratze. Dann kehrt, bis auf das Tröpfeln des Regens, wieder Ruhe ein. Der Regen beunruhigt mich nicht, ich habe mich inzwischen dran gewöhnt.

Um 08:00 Uhr stehe ich auf und baue wieder einmal das Zelt im Regen ab. Dann finde ich, ganz in der Nähe, eine Wirtschaft, die mir ein Frühstück serviert. Meine Kleider können etwas trocknen. Ich fahre bei leichtem Regen los. Der Dauerregen hält bis 18:00 Uhr an. Dafür ist die Etappe flach und der Rückenwind weht konstant.

In Linz erkundigte ich mich, wo ich eine original Linzer Torte probieren kann. Mir wurde eine offenbar einschlägige Konditorei empfohlen. Leider hat das Geschmackserlebnis nicht meinen Erwartungen entsprochen, ich war etwas enttäuscht.

Wegen des ergiebigen Regens übernachte ich in Perg in einem Gasthof. Das Zimmer strahlt den Charme der 60er Jahre aus, ist aber sehr groß, so dass ich alle Sachen trocknen kann.

Am nächsten Tag ist das Wetter besser, die Niederschläge hören auf. Das wurde auch Zeit, denn die Donau tritt langsam über die Ufer. Nicht nur wegen des besseren Wetters empfinde ich den Abschnitt zwischen Perg und Tulln als den schönsten an der Donau. Ein Höhepunkt ist die Stadt Melk, es reihen sich aber auch einige andere Sehenswürdigkeiten an der Strecke, u. a. verbreitet die Stadt Tulln eine angenehme Künstleratmosphäre. Etwas schwierig ist es ein preiswertes Zimmer in Tulln zu finden. Ich habe mich im „Junges Hotel Tulln“ einquartiert, kein Problem für einen Youngster wie mich. Es ist eine Jugendherberge wie ich auch unschwer am Geruch in den Zimmern feststelle. Das Quartier ist aber in Ordnung und bietet auch ein reichhaltiges Frühstück.

Von Tulln nach Wien sind es nur noch wenige Kilometer. Die Radrundfahrt in Wien ist ein tolles Erlebnis, zumal sich das Wetter jetzt von seiner besten Seite zeigt.

In der Tourist-Information in Wien habe ich mir eine Straßenkarte für Tschechien gekauft und eine kostenlose Radwegekarte für Wien erhalten. Diese Radwegekarte ist meine Rettung, denn ohne sie hätte ich den Abzweig zur EuroVelo-Radroute 9 nach Brünn nie gefunden, Ich habe ein paarmal danach gefragt, aber niemand konnte mir hierzu eine Auskunft geben.


Wien - Seč

Samstag, 19. Juli bis Mittwoch 23. Juli 2008; 427 km

Den Abzweig vom Donauradwanderweg auf den Radweg nach Brünn zu finden ist für Ortsunkundige schwierig. Es gibt da nur ein Hinweisschild auf Jedlersdorf. Auf diesem schmalen ungeteerten Pfad soll ein europäischer Radwanderweg verlaufen? Das vermutet so leicht niemand. Der Wanderweg ist zunächst gut beschildert. Nach Jedlersdorf kann ich, auch nach einer längeren Suche, keine Schilder mehr entdecken. Ich bin wieder auf meine Straßenkarte angewiesen. Um den Radwanderweg wiederzufinden frage ich danach. Erst nach einigem Hin und Her stoße ich auf eine Radlergruppe, die mir eine Liste der Orte bis zur Grenze nach Tschechien nennen kann. Das hilft mir auf den Radweg zurückzufinden. Die Landschaft ist hier lieblich, der Radweg meist auch, allerdings hat es einige kurze und kräftige Anstiege.

Ich übernachte in einem Waldgasthaus in Mistelbach (Martinsklause), das mir bei meinen Erkundigungen empfohlen wird. Diese Empfehlung kann ich auch weitergeben, es sei denn, man scheut die steile Anfahrt.

Der Übertritt nach Tschechien ist problemlos. Auf der tschechischen Seite ist mal wieder kein Radweg beschildert. Ich muss mich also nach der Straßenkarte orientieren.

Ein interessantes Erlebnis habe ich später auf dem Campingplatz in Pasohlávky. Dort baue ich mein Zelt relativ weit entfernt neben einer „Wagenburg“ auf. Als ich von einem Spaziergang zurück komme grillen die „Wagenburgler“ außerhalb ihres Bereichs unmittelbar neben meinem Zelt obwohl an anderen Stellen genügend Platz gewesen wäre. Ich habe daraufhin mein Zelt umgesetzt, denn ich möchte nicht durch ein Loch im Zeltdach den Sternenhimmel anschauen können.

Es geht jetzt ständig auf und ab. Dazu gesellt sich ein starker Gegenwind. Die Gegend lässt bei mir Erinnerungen an die DDR, kurz nach dem Mauerfall, wach werden. Die Stadt Brünn versprüht zwar etwas Flair, aber auch hier sind die Segnungen des Sozialismus deutlich zu sehen.

Die Erfahrungen auf dem Teilstück ab Wien haben meinen Entschluss reifen lassen, nicht nach Danzig zu radeln. Hierzu bräuchte ich bessere Sprachkenntnisse und besseres Kartenmaterial. Sicherlich würde ich letzteres irgendwo kaufen und mich mit Händen und Füßen verständigen können. Ich möchte aber nicht einen Großteil der Zeit hierauf verwenden, sondern hauptsächlich Fahrrad fahren. Für eine längere Fahrt durch Polen hätte ich mich besser vorbereiten müssen. Ich will nach Prag und dann auf dem Elberadweg weiterfahren.

In Veverská Bítýška zelte ich auf den Campingplatz Hanna. Der ist vollständig in holländischer Hand und sehr zu empfehlen. Im Ort selber gibt es eine Gaststätte, die Schnitzel mit Pommes zum Abendessen serviert. An Knoblauch wird nicht gespart. Ein Abendessen im Schlaraffenland.

Die weitere Strecke ist herausfordernd. Steigungen sind häufig, kurz und kräftig, und können schon mal so knapp unter 20 % sein. Dazu kommt noch Gegenwind. Mehr als 70 km sind an solchen Tagen für mich nicht möglich, ich bin fix und fertig. In Nové Mesto na Morave finde ich ein einfaches Zimmer für 220 Kr. Deutsch spricht hier niemand. Mit Englisch, den Händen und Füßen ist die Verständigung kein Problem.

Nach Nové Mesto werden die Hügel wieder sanfter und der Weg nach Seč ist geradezu erholsam. In Seč übernachte ich auf dem schönen Campingplatz. Zum Abendessen in einer Pizzeria bestelle ich mir Cola und Fanta. Gebracht wird Wasser und O-Saft mit der Erklärung, dass kein Fanta und Cola da sei.