Von Eminence, MO nach Ordway, CO

06. und 07. Juni: Eminence, MO nach Houston, MO

Ein Ruhetag beginnt mit viel Ruhe, ich habe bis 09:00 Uhr geschlafen.

Nach dem Aufstehen bin ich zu einem Restaurant zum Frühstücken geradelt. Das war ein Volltreffer: Es gab Spiegeleier mit Schinken, gebratene Kartoffeln, Toast und selbstverständlich unbegrenzt Kaffee. Da das Frühstück, das wir uns selbst machen, immer gleich schmeckt, war dieses heute ein außerordentlicher Genuss.
Derzeit sitze ich in einer Wäscherei, schreibe an diesem Blog und warte, dass meine Wäsche fertig wird. Von den gestrigen Strapazen habe ich mich außerordentlich erholt. In den Beinen ist nichts Außergewöhnliches mehr zu spüren, wie ich auf meiner Tour zum Frühstück feststellen durfte.

Die zweite Mitfahrerin hat heute die Gruppe verlassen. Jane, die schon vor Wochen ausgeschieden ist, hat das Zelten nicht gepasst. Und nachdem uns ein stundenlanger, heftiger Regen im Nationalpark eingesaut hatte, hat sie die Tour beendet. Merzedes, die andere Mitfahrerin, will gar nicht nach Oregon, sondern nach Kalifornien. Sie hat jetzt ein Paar in ihrem Alter gefunden, das ebenfalls dahin will und sich diesem angeschlossen. Das ist ein teurer Spaß, da keinerlei Erstattung des Reisepreises erfolgt. Wir sind also nur noch zwölf einsame Fahrer.

Der nächste Tag verläuft ganz normal, Aufstehen um 05:40 Uhr, Frühstück um 06:00 Uhr und so um 07:00 Uhr beginnt dann die Tour.

Nach Alley Spring, MO dann das Erlebnis des Tages: Ich bin ganz alleine, plötzlich umzingelt mich ein Rudel von etwa sieben wilden Hunden. Ohne zu zögern greife ich nach dem Pfefferspray. Es zeigt die gewünschte Wirkung. Die Hunde sind desorientiert und lassen mich in Ruhe.
Ansonsten ist ein wunderbarer Tag zum Radfahren. Um 14:30 Uhr komme ich ausgeruht am Ziel an.

08. Juni: Houston, MO nach Marshfield, MO

Es ist eine wunderbare Radtour durch das hügelige Missouri. Morgens wird es richtig kalt, vielleicht so 10 °C. Den ganzen Morgen bleibt es angenehm kühl. Erst am Nachmittag kommt die Hitze. Dann sind wir aber schon am Ziel.

Die Hügel nehmen langsam ab, werden zumindest flacher. Wir nähern uns der Prärie. Wenn der Wind noch aus der richtigen Richtung wehen würde, könnte die Tour sehr angenehm werden.

Wir übernachten heute wieder mal kostenlos, im Stadtpark von Marshfield, MO. Duschen gibt es zwar keine, das übrige Umfeld lässt aber keine Wünsche offen.

09. Juni: Marshfield, MO nach Ash Grove, MO

Es ist heute nur eine kurze Strecke, die es aber wegen des ständigen Auf und Ab in sich hat. Die Steigungen liegen so bei 11 % und es sind jedes Mal zwischen 30 und 100 Höhenmeter. Das läuft ganz gut, ich kann mit dem Schwung der Abfahrt den nächsten Buckel hochfahren – manchmal, mit etwas Nachtreten, sogar bis ganz oben.
Heute bin ich zum ersten Mal auf dieser Tour klatschnass geworden. Das Wetter bessert sich aber und am Abend ist herrlicher Sonnenschein.

Schon wieder hat man mich zur Höchststrafe verurteilt. Chris und ich dürfen kochen. Da eine Küche im Stadtpark ist, tischen wir richtig auf. Es gibt in Wein ertrunkene Hähnchenkeulen mit zarten Kartoffeln und gemischtem Salat. Zum Nachtisch Erd- und Brombeeren auf einem Biskuit-Törtchen mit Eis. Zum Frühstück dann Rühreier mit frisch gebackenem Brot. Für das Vorbereiten des Frühstücks stehe ich schon um 05:00 Uhr auf.

10. Juni: Ash Grove, MO nach Pittsburg, KS

Ein Ritt gegen den Wind und die letzten Hügel in Missouri. Die taffe gestrige Fahrt und das Kochen haben ihre Auswirkungen. Zudem ist es richtig heiß, etwa 34 Grad Celsius am späten Nachmittag.
Ich habe mich bis Pittsburg, KS durchgeschlagen, zum Schluss etwa alle 2,5 km angehalten und eine kleine Pause gemacht. Auch so kommt man ans Ziel.

Zwischendurch lauern mir drei Hunde auf. Die liegen versteckt im Gras und als ich mit dem Fahrrad an ihnen vorbeifahre, umringen sie mich kläffend. Mit dabei ist ein größerer, älterer Hund, der Anführer, der meinem langsamen Tempo kaum folgen kann. Ich habe ihn mit etwas Pfefferspray besprüht. Das hat ihn abgelenkt.

Ein Teil der Gruppe möchte jetzt das Frühstück weiter vorverlegen, weil es so heiß wird. Vorverlegen heißt um 05:30 Uhr frühstücken. Ich selbst schlafe lieber länger und quäle mich dann durch die Hitze. Länger schlafen bedeutet Frühstück um 06:00 Uhr.

Die Existenz der Ozarks war mir gar nicht bekannt. Jetzt habe ich sie mit dem Fahrrad überquert. Diese Hügel sind richtig schwierig. Schwieriger war es allerdings, die Appalachen zu durchqueren. Zusammen mit dem Hundeproblem in Kentucky und Missouri sind die allergrößten Herausforderungen der Tour jetzt bewältigt.

11. Juni: Pittsburg, KS nach Chanute, KS

Jetzt ist es, bis auf ganz wenige Hügel, richtig flach. Das hat den Nachteil, dass der Wind unbehindert wehen kann. Hier in Kansas weht er vorwiegend aus Südwesten. Das beginnt ganz harmlos am Vormittag und schwillt am Nachmittag zum Sturm an, der manchmal gewaltig viel Staub aufwirbelt. Unser Leiter sagt, das ist hier normal.

Da eine Straße gesperrt ist, bin ich auf Anraten von Mitradlern mehrere „Abkürzungen“ gefahren. So wurden aus den ursprünglich 90 km glatte 133 km. Später erfahre ich, dass ein Umweg in Kansas gar nicht nötig wäre, da das Land mit einem ungeteerten, quadratischen Straßennetz von einer Meile Abstand flächendeckend durchzogen ist.

Es ist etwas heißer als gestern. Mit der Hitze komme ich gut zurecht. Ich fahre langsam.

Wir übernachten wieder in einer Kirche mit Küche, was ein hervorragendes Essen garantiert.

12. Juni: Chanute, KS nach Eureka, KS

Heute wird es wieder richtig heiß, mindestens 35 Grad Celsius. Zudem hat der Wind gedreht; der weht jetzt aus Süden. Es ist kein frisches Lüftchen, es ist ein Sturm, gegen den ich auch bei westlichem Kurs kämpfen muss. Garniert wird das Ganze noch durch langgestreckte Hügel, die das Radfahren zur Schwerstarbeit werden lassen. Außerdem stecken mir die vielen Kilometer von gestern in den Knochen. Am Nachmittag schleiche ich dann nur noch zum Ziel.

Unser Leiter Jack steht mit der heißen Sonne auf Kriegsfuß. Wir übernachten daher in einem Hotel, auf einem Campingplatz gibt es kein Aircondition. So eine Abscheu kann für die Anderen Vorteile haben.

13. Juni: Eureka, KS nach Newton, KS

Natürlich ist der Tag wieder anstrengend. Im Unterschied zu gestern ist es aber nicht ganz so heiß und vor allem kommt der Wind heute aus östlicher Richtung. Unter den gleichen Voraussetzungen wie gestern wäre diese Strecke in einem Tag gar nicht machbar. So aber kann ich ein Durchschnittstempo von 20km/h fahren. Die gestrige lange Tagesetappe mit 133 km habe ich offenbar gut verdaut. Topfeben ist es heute nicht, es geht ständig moderat auf und ab.

Hier in Newton, KS will eine Frau aus der Kirchengemeinde für uns kochen. (Wir übernachten wieder einmal in einer Kirche.) Das ist eine willkommene Abwechslung. Ich bin gespannt was uns aufgetischt wird.

14. Juni: Newton, KS nach Sterling, KS

Natürlich frühstücken wir wieder um 05:30 Uhr, das ist inzwischen Routine. Der Wind weht leider wieder aus Südwesten. Nicht so stark, vielleicht mit 15 km/h. Dafür ist ein sehr heißer Tag angesagt, es werden locker 36 °C werden.
Den ganzen Tag geht es auf Nebenstraßen durch das ländliche Kansas. Ich mag diese Touren über kaum befahrene Nebenstraßen. Die Steigungen sind nicht weiter schwierig, nur die große Hitze und der scharfe Wind sind lästig.

Bereits kurz nach 13 Uhr bin ich am Ziel. Man hat mich wieder einmal auserkoren für das Abendessen und das Frühstück zu sorgen. Für das Abendessen muss ich wenig tun, da die Frau von Mike es zu Hause in Texas vorbereitet hat und mit dem Auto vorbeibringt. Mir ist das ganz recht, denn das Kochen auf einem Campingplatz ist sehr anstrengend.

Seit geraumer Zeit radeln zwei Neuseeländer mit uns, sie übernachten zumindest an den gleichen Orten. Sie sind auch auf diesem Campingplatz und wir laden sie zum Essen ein.

15. und 16. Juni: Sterling, KS nach Larned, KS

Vor der heutigen Etappe habe ich großen Respekt. Es sind zirka 80 km westwärts und auf diesen 80 km gibt es keine Möglichkeit etwas zu kaufen. Weht der Wind sehr stark aus Süden oder Südwesten, sind diese 80 km für mich nicht machbar. Wenn noch große Hitze dazu kommt schon gar nicht.

Es ist großes Glück: morgens ist es bewölkt und windstill. Das bleibt auch so auf den ersten 60 km. Dann wird es richtig heftig. Die Sonne scheint und ein Sturm aus Südwesten fegt über das Land. Mit dem Fahrrad ist kaum noch geradeaus zu fahren. Diese 20 km beiße ich mich durch und komme schon um 13:30 Uhr am Ziel an.

Unsere Gruppe hat eine neue Dynamik erfasst. Jeder will als Erster die Tagesetappe beginnen. Beim Frühstück und Richten der Mittagsbrote um 05:30 Uhr geht es jetzt hektisch zu, es ist ein Wettbewerb. Ich versuche mich daran nicht zu beteiligen, da völlig offen ist, ob so ein Frühstart wirklich zu einer Erleichterung der Tagesetappe führt.

Ausgerechnet in Larned, KS machen wir einen Ruhetag. Etwas außerhalb der Stadt ist zwar ein Fort, nach dem sie benannt ist, sonst gibt es aber nur zwei Motels, mehrere Tankstellen und ein paar Geschäfte, also so gut wie nichts.
Ich vertreibe mir die Zeit damit, das Fahrrad auf Vordermann zu bringen und radle noch in die nähere Umgebung. Da es schon wieder sehr heiß wird, verbringe ich viel Zeit im gekühlten Hotelzimmer.

17. Juni: Larned, KS nach Ness City, KS

Heute ist für mich einer der besten Radtage auf der Tour. Nicht, dass es besonders einfach ist; 30 km bläst mir der Wind kräftig entgegen. Dann allerdings auch 50 km leicht in den Rücken. Das Wetter ist hervorragend.
Auf der SR96 sind wir bis jetzt 530 km westwärts gefahren. Die tägliche Abwechslung auf dieser Straße bringen zwei bis drei Kurven.

Hier in Ness City campen wir wieder mal im City Park. Im angrenzenden Schwimmbad kann man sogar kalt duschen.

Jake ist heute mit Kochen dran. Das kann er nur begrenzt, da ihn plötzlich die Schulter schmerzt. Am nächsten Tag ist er schon wieder hergestellt. Vielleicht war es ja eine Kochallergie.

18. Juni: Ness City, KS nach Scott City, KS

Ein fast normaler Tag. Allerdings frühstücken wir erst sehr spät um 06:30 h, weil das 87 km entfernte Hostel erst um 15 Uhr öffnet. Zudem ist es fast windstill. Insgesamt haben wir mit dem Wetter meist Glück, wie heute auch.

19. Juni: Scott City, KS nach Tribune, KS

Am Morgen ist es noch windstill. Etwa ab 10:00 Uhr setzt ein starker Sturm aus SSW ein, gegen den ich mit dem Rad kaum fahren kann. Es ist eine mühsame und gefährliche Sache. Jeder Lastwagen, der überholt oder entgegenkommt, erzeugt einen starken Sog oder Druck, so dass ich das Rad kaum mehr in Richtung Geradeaus halten kann. Überhaupt muss man gegen einen solchen Wind erst einmal ankommen.
Dafür sind die Temperaturen jetzt angenehm, so 25 °C bis 30 °C, und ab und zu ein Gewitter.

Heute ist unser letzter Tag in Kansas. Morgen sind wir im Staat Colorado. Ob das Problem mit dem Wind bleibt?

20. Juni: Tribune, KS nach Eads, CO

Nun sind wir also in Colorado. Viel hat sich nicht verändert. Wir sind immer noch auf derselben Straße nach Westen. Nur das Gelände steigt langsam an, heute haben wir etwa 1.400 m erreicht. Gestern noch hatte ich Bedenken, die 90 km ohne fremde Hilfe zu schaffen, wenn es wieder so stürmt. Der Wind hält sich heute aber zurück und mit der Hitze des Tages von 40 °C komme ich gut zurecht. Die 90 km kann ich leicht abspulen.
Wir übernachten in einer Sporthalle. Ich selbst schlafe aus schon genannten Gründen in der Küche dieser Halle.

21. Juni: Eads, CO nach Ordway, CO

In der Nacht hat es sich sehr abgekühlt. Um der Tageshitze etwas zu entgehen wird heute schon um 05:00 Uhr gefrühstückt. Das ist nicht ganz so früh wie es sich anhört, da wir gestern die Grenze zur Montain-Zeit überschritten haben, also erst um 06:00 Uhr Central-Time aufstehen. Tagsüber wird es sehr heiß, etwa 40 °C. Auch sind die gestrigen 1.400 Höhenmeter deutlich zu spüren.

Es dauert nicht lange und wir sind in der Wüste. In diesem Teil Colorados scheint es sehr an Wasser zu mangeln, die Vegetation wird immer karger. Das Land ist hier sehr dünn besiedelt. Heute legen wir eine 50 km Strecke zurück, auf der absolut kein Service für Radfahrer ist. Wir müssen alles mitnehmen, u. a. pro Person mehrere Liter Getränke.

Es ist Halbzeit, am 17. haben wir die zeitliche Hälfte und heute die entfernungsmäßige überschritten

Unser Tourenleiter hat uns in ein feines Hotel in Ordway, CO einquartiert. So viel Kultur war schon lange nicht mehr. Meine Wäsche kann ich trotzdem erst in zwei Tagen in der Maschine waschen.